with a little help
Videoarbeit
zu Anton Bruckners Symphony #4 In E Flat, WAB 104, Romantische
Premiere: 03.05.2024
zu sehen in:
Wie alles begann. Bruckners Visionen
Ausstellung im Stift St. Florian, Linz, Österreich
04.05.2024 – 27.10.2024
Besondere Dank geht an den Kurator der Ausstellung Paule Hammer und den Direktor Alfred Weidinger für die Einladung
“Auftragsarbeit/Commissioned by OÖ Landes-Kultur GmbH”
zur KulturEXPO 2024 / Land Oberöstereich / Stift St. Florian
Mein lieber Freund,
jetzt, wo die Sache mit der Emaille für mich durchgespielt scheint, wollte ich eigentlich nur mal schauen, was man mit dem, was sie “KI” nennen, anstellen kann. In jedem zweiten Nebensatz eines Förderantrags tauchen diese zwei Buchstaben auf, damit es Geld regnet.
Und, mein lieber Freund, es wird dich überraschen, was damit möglich ist!
Was anfänglich mit Spielerei begann, wurde schnell ernst. Mit einfachen und kurzen Worten eine Situation zu beschreiben, einen Moment in Farben, Schatten und Licht einzufangen, das ist es doch, was Künstler tun, oder etwa nicht? Und der Moment, den ich gerade festhalte, ist das Jetzt.
Alles ist laut und schnell. Rast- und ruhelos. Alles schreit nach Fortschritt, doch niemand bemerkt Entwicklung. Hier in einem Land, in dem jeder nur an sich denkt. Die Menschen wieder offen rechts denken und wählen und Menschen nutzen wie Vieh. Nichts hat hier wirklich einen Wert. Irgendwo dort stehe ich als Künstler und sehe Ihnen zu.
Menschen spekulieren mit Trinkwasser, finanzieren Kriege, töten Menschen mit Produkten oder Waffen. Egal. Es wird Geld verdient. Die Welt brennt ringsum, doch das Geld muss arbeiten. Das gleiche Geld landet später als Stipendien oder Kunstpreis wieder auf dem Teller der Künstler.
Der Kreislauf aus Scheiße.
Mein Freund, ich hatte doch Malerei studiert! Ich suchte und versuchte mich in verschiedenen Stilen und Techniken. Immer auf der Reise nach meinem Eigenen. Doch Gott sei Dank hat mich das “Suchen” mehr interessiert als das Finden eines eigenen Stils.
Denn der “Stil”, den ich einst suchte, war auch nur eine Frage der Zeit. Heute mag ich, was ich gestern nicht mal sah, und der Stil macht noch kein gutes Bild. Der Stil spielt auch kein Konzert. Der Stil sagt nur: “Schau her! Ich bin’s!” Der Stil, du kennst mich von irgendwoher.
Rauch oder Rauschenberg, irgendwas mit R. Und meistens ein Mann.
Leute können dann in dein Haus kommen und feststellen, was für ein stilvoller Mensch du doch bist. Mein lieber Freund, das bist du zweifelsfrei! Du hattest schon früh ein Paul-Klee-Plakat im Flur, oder war es ein Kandinsky? Es ist mir völlig egal!
In meiner Erinnerung vermischen sich beide, das dabei entstehende Bild gefällt mir eh viel besser.
Ich habe geträumt, ich könnte malen wie van Gogh. Ich wäre es gewesen, dessen Kunstdruck in deinem Flur vergilbt. Ich konnte plötzlich jeden Stil malen, den du dir vorstellen kannst. Kannst du dir das vorstellen? Ich denke nicht! Unglaublich war das! Und auch ein bisschen egal.
Denn ich wusste immer noch nicht, was ich mit dem fremden Stil malen sollte. Wollte ich doch selbst im Traum nicht die Ansprüche des Marktes bedienen.
Am Morgen danach versuchte ich mit einem Kaffee und einem Computer eine KI zu trainieren und versuchte mich an einem ersten Modell eines Künstlers. Wenn ich einer KI beibringen kann, wie ein Frosch oder ein “Michael” aussieht, könnte ich einer KI auch beibringen, wie ein Picasso oder Dali aussieht.
Dafür braucht es nur 20-30 Bilder und ein bisschen Zeit. Du würdest staunen!´Doch erst, als ich begann, die Stile zu mischen, entstand ein Spannungsfeld. Ich hatte ja noch keine Ahnung, wie leicht es sein würde, Bilder zu erstellen, die aussehen, als hätte sie Neo Rauch oder Kandinsky gemalt, und wie einfach es sein würde, mit diesen Stilen zu spielen.
Ein bisschen “Latex, Porn, Neon, Gay” in den Prompt* gemischt (*Bildbeschreibung) macht einen “Rauch” gleich ein bisschen moderner, und ein bisschen “Cindy Sherman” gibt den Gesichtern einen amerikanischeren Look.
Es war, als mischte ich Schallplatten ineinander.
“The Best Of Cindy Sherman” und ein bisschen von Kehinde Wileys Greatest Hits. Jazzige Sounds von Matthias Weischer gemischt mit Neopop-Schlager von Titus Schade.
Die Frage nach Stil, nach Urheberrecht, nach der Aufgabe von Künstlern in unserem System, Wir werden uns diese Fragen stellen müssen. Vielleicht auch dringender und schneller als wir vermuten. Es ist einfach einen Künstler wie in einem Jazzstück zu zitieren. Ein paar Töne, aber auch nur, wenn der Künstler nicht allzu komplex denkt und arbeitet. Wenn es Schlagworte und plakative Hooks in den Bildern gibt. Schon “Tilo Baumgärtel” mit seinen Fabelwesen, Tieren und Monstern war nicht einfach. Aber ich kann ein Modell nicht auf Maurizzio Cattelan oder Kaari Upson trainieren. Denn deren Arbeiten sind einfach zu komplex. Aber es ist kein Problem, einen Stil zu adaptieren und damit zu arbeiten.
Die Entwicklung zu diesem Thema ist rasant, während ich dir schreibe sind sicher schon wieder zwei neue Modelle veröffentlicht wurden.
Noch schneller, besser, präziser. Wer weiß!
Denn die KI hat Hunger und es scheint so, als seien einfach nicht genug Daten vorhanden, um diesen Hunger zu stillen. Nicht nur, dass sich Große Techkonzerne völlig hemmungslos Bild-, Ton- und Filmmaterial bedienen und bedient haben, für einige Modelle wurden stundenlange Youtubevideos transkribiert (in Text umgewandelt), weil dem Training der KI schlicht die Textdateien fehlten, mit denen sie lernen kann. Wenn ich KI-generierte Bilder nehme, um einer KI etwas beizubringen, wird sich das Ganze irgendwann in Luft auflösen und verpuffen. Mein lieber Freund, ich hoffe, sie fragen mich nicht. Denn wie man mit dem Thema umgehen soll, darauf habe ich keine Antwort. Ich bin Künstler, ich beobachte unsere Welt, probiere Dinge aus, kritisiere hier und da. Das ist doch mein Job.
Ich glaube das KI helfen kann, den ganzen Stillstand ein bisschen in Bewegung zu versetzen. Schaut man in die Popmusik der letzten Jahre, ist es uns auch ohne KI gelungen, einen immer wiederkehrenden Brei aus Scheiße zu produzieren. Immer gleiche Pop-Akkorde, mit beliebigen Texten über Schmerz, Liebe und das Leiden.
Mein lieber Freund, ChatGPT hat diesen Text nicht geschrieben, aber natürlich übersetzt. Die neuen technischen Möglichkeiten werden aber kein künstlerisches Denken ersetzen. Sie werden keinen emotionalen Text schreiben, denn der KI liegt nichts am Herzen.
Wir werden die KI auch nicht zum Lachen bringen.
Künstliche und künstlerische Intelligenz ist eben nicht dasselbe. Oder um es mit Frau Bergs Worten zu sagen: Hab keine Angst!
PS: Keines der im Film verwendeten Modelle steht zum Verkauf. Solltest du eine der Künstler*innen sein, die hier von mir trainiert wurde, schreib mir eine kurze Email und sag “Hallo”, dann bekommst du dein Modell und eine Einführung, wie du es benutzen kannst. Alle hier benutzten Programme sind Open-Source und kostenfrei! Bitte sehen Sie davon ab, mich zu verklagen. Besonderer Dank an Cindy Sherman!
My dear friend,
Now that the enamel issue seems to have been played out for me, I actually just wanted to see what can be done with what they call “AI”. These two letters appear in every other clause of a grant application nowadays, just to make money rain down. And, my dear friend, you’ll be surprised by what’s possible with it! What started out as a game quickly turned serious. Describing a situation with simple and brief words, capturing a moment in colors, shadows, and light – that’s what artists do, isn’t it? And the moment I’m capturing right now is the present. Everything is loud and fast. Racing and restless.
Everything cries out for progress, yet no one notices development.
Here in a country where everyone only thinks of themselves. Where people openly lean to the right again and treat humans like cattle. Nothing here really has value. Somewhere there I stand as an artist and watch out. People speculate with drinking water, finance wars, kill people with products or weapons. Doesn’t matter. Money is being made. The world burns all around, yet the money must work. The same money later ends up back on the plates of artists as scholarships or art prizes. The cycle of crap.
My friend, I studied painting! I searched and tried myself in different styles and techniques. Always on the journey to find my own. Thank God, the “searching” interested me more than finding my own style. Because the “style” I was looking for was just a matter of time. Today I like what I didn’t even see yesterday, and the style doesn’t make a good picture. The style doesn’t play a concert either. The style just says: “Look here! It’s me!” The style, you know me from somewhere. Rauch or Rauschenberg, something with R. And mostly a man. People can then come into your house and see what a stylish person you are. My dear friend, you are undoubtedly that! You already had a Paul Klee poster in the hallway early on, or was it a Kandinsky? I don’t care! In my memory, they blend together, and the resulting picture I like much better anyway.
I dreamt I could paint like van Gogh. I would have been the one whose art print turned yellow in your hallway. Suddenly I could paint any style you can imagine. Can you imagine that? I don’t think so! That was unbelievable! And also a bit irrelevant. Because even in my dream, I didn’t want to cater to the demands of the market. The next morning, I tried to train an AI with a coffee and a computer and tried my hand at a first model of an artist. If I can teach an AI what a frog or a “Michael” looks like, I could also teach an AI what a Picasso or Dali looks like. It only takes 20-30 pictures and a bit of time. You would be amazed! But it wasn’t until I started mixing the styles that a tension field emerged. I had no idea how easy it would be to create pictures that look like they were painted by Neo Rauch or Kandinsky, and how easy it would be to play with these styles. A bit of “Latex, Porn, Neon, Gay” mixed into the prompt (*image description) immediately makes “Rauch” a bit more modern, and a bit of “Cindy Sherman” gives the faces a more American look. It was like mixing records together. The Best Of “Cindy Sherman” and a bit of “Kehinde Wiley’s” Greatest Hits. Jazzy sounds from “Matthias Weischer” mixed with neopop schlager from “Titus Schade”.
The question of style, of copyright, of the role of artists in our system – we will have to ask ourselves these questions. Perhaps more urgently and quickly than we think. It’s easy to quote an artist like in a jazz piece. A few notes, but only if the artist doesn’t think and work too complexly. If there are catchphrases and catchy hooks in the pictures. Even “Tilo Baumgärtel” with his mythical creatures, animals, and monsters wasn’t easy. But I can’t train a ki-model on Maurizzio Cattelan or Kaari Upson. Because their work is just too complex. But it’s not a problem to adapt a style and work with it. The development on this subject is rapid, while I’m writing to you, two new models have surely already been released. Even faster, better, more precise. Who knows! Because the AI is hungry and it seems there are simply not enough data available to satisfy this hunger. Not only have large tech companies shamelessly helped themselves to image, sound, and film material, for some models, hours of YouTube videos have been transcribed because the AI training simply lacked the text files it needed to learn. If I take AI-generated images to teach an AI something, the whole thing will eventually dissipate and vanish.
My dear friend, ChatGPT didn’t write this text, but of course translated it. However, the new technical possibilities will not replace artistic thinking. They won’t write an emotional text because the AI doesn’t care. We won’t make the AI laugh either. Artificial and artistic intelligence are not the same. Or, to put it in Frau Berg’s words: Don’t be afraid.
PS: None of the models used in the film are for sale. If you are one of the artists trained by me here, write me a short email and say “Hello”, then you’ll get your model and an introduction on how to use it. All programs used here are open-source and free of charge! Please refrain from suing me. Special thanks to Cindy Sherman!